Uorschla Natalia Caprez

Fotografie: privat
Ich verbrachte zusammen mit meinen beiden Brüdern eine schöne Kindheit in Ftan - mit dem Schüschaiver, dem Chalandamarz und all seinen Traditionen. Meine Eltern, die ursprünglich Nachbarn waren, hatten ein Haus in der Nähe meiner Grosseltern gebaut, welche Bauernbetriebe führten. In der vierten Klasse konnte ich nur ein paar Wörter Deutsch und schaute auf Italienisch fern. Das waren noch Zeiten.
Später, mit dem Primarlehrerpatent im Sack, unterrichtete ich ein paar Jahre in Guarda. Danach zeichnete und malte ich einen Sommer lang und hatte mich für die Kunstgewerbeschule angemeldet. Doch in Zürich habe ich meinen Mann kennengelernt und hatte keine Zeit für anderes. So habe ich Romanisch und Französisch in Zürich und Freiburg, mit einem längeren Aufenthalt in Montpellier, studiert.
Nun wohne ich mit meiner Familie in Chur. Momentan unterrichte ich Romanisch am Hochalpinen Institut in Ftan. Ich bin in verschiedenen romanischen Vereinigungen tätig und bin Redakteurin des Chalender Ladin.

Welche drei Tätigkeiten zeichnen Sie aus?
Ich versuche dem, was ich tue, Gestaltung zu geben. In erster Linie indem ich meiner Familie ein Zuhause gebe. Manchmal schreibe ich. Gelegentlich widme ich mich der Malerei. Wenn ich unterrichte, gebe ich mir Mühe, unsere Literatur und Sprache zu «zuckern». Auch versuche ich bei meinen Schülerinnen und Schülern die Ohren für den schönen Klang des Romanischen zu öffnen und ihre Feder zu spitzen.

Ihre Lieblingsfarbe?
Türkis. Eine frische und lebendige Farbe.

Welcher Moment des Tages ist Ihnen der angenehmste?
Wenn die Sonne hinter den Bergen aufgeht. Oft ein mystischer Moment. Aber auch, wenn der Abend anbricht, alle etwas müde sind und sich gemütlich in die Stube zurückziehen. Dann hat man Zeit für sich.

Was ist Ihr bezeichnendes Merkmal?
Wenn ich nicht gerade an der Oberfläche beschäftigt bin, gehe ich gerne in die Tiefe.

Worin sind Sie am ungeschicktesten?
Mit technischen Aspekten. Auch wenn ich ein besonderes Verhältnis zu meiner Kaffeemaschine habe. Und mein Laptop und Handy sind (fast) ein Teil von mir.

Wie entspannen Sie am besten?
Bei einem schönen Spaziergang mit jemandem, der mir nahesteht, vorzugsweise in der Umgebung von Ftan. Auch schöne Musik kann mich bis ins Innerste treffen.

Glauben Sie an die Freundschaft?
Ja, ohne Zweifel.

Was ist ihr wertvollster Besitz?
Wahrscheinlich meine Brille. Manchmal wird mir bewusst, was es für mich bedeuten würde, ohne diese wie vor zweihundert Jahren leben zu müssen. Heutzutage haben wir so viel Luxus!
Sonst liebe ich unsere Bilder von einheimischen Künstlerinnen und Künstlern, unseren schönen runden Holztisch mit den Eisenfüssen, meine Bücher mit Notizen und auch die Fotoalben. Ich kann mich nicht einschränken.

Etwas, was Ihnen am Herzen liegt?
Neben meinen Liebsten, unserer Katze, der Hündin meiner Tante, Freunden und Freundinnen, die mir am Herzen liegen, unsere Sprache und unsere Täler.

Wonach streben Sie?
Tag für Tag mit mir im Reinen zu sein, damit ich meinen Mitmenschen so viel wie möglich und das, was sie brauchen, geben kann.

Welches Buch müssen wir aktuell lesen?
«Sco scha nüglia nu füss» von Rut Plouda und «Die Wolfsfrau» von Clarissa Pinkola Estés.

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Intervista en Vallader:

Eu n’ha passantà üna bell’infanzia cun meis duos frars a Ftan, cul Schüschaiver, il Chalandamarz e tuot sas tradiziuns. Noss genituors chi d’eiran vaschins vaivan fabrichà üna chasa dasper quella da nossas nonas e bazegners chi faivan da paurs. In quarta classa savaiva be ün pêr pleds tudais-ch e guardaiva televisiun per talian. Temps passats.
Plü tard, davo fat la patenta da magistra primara e dat scoula a Guarda, n’haja disegnà e pitturà üna stà intera e laiva ir in quella direcziun. Ma lura n’haja imprais a cugnuoscher a meis hom e nun ha gnü peida da’m dedichar a la pittura e n’ha laschà chi stetta tuot. Uschea n’haja stübgià rumantsch e frances, a Turich ed a Friburg, cun ün sogiuorn a Montpellier.

Uossa stuna a Cuoira cun mia famiglia e pel mumaint instruischa rumantsch a l’Institut otalpin. Sun ingaschada in differentas uniuns rumantschas e sun redactura dal Chalender Ladin.

Welche der drei oben genannten Tätigkeiten zeichnen Sie aus?
Eu prouv e’m staint da dar fuorma a quai ch’eu fetsch. In prüma lingia cun dar ün dachasa a ma famiglia. Minchatant am metta a scriver alch. Da temp in temp disegna. Cun dar scoula am duna fadia da metter sü ün zichin zücher sün nossa litteratura e’ls cuntgnüts e prouv da far güzzar las uraglias e la penna a scolaras e scolars.

Ihre Lieblingsfarbe?
Ün türkis. Frais-ch e viv.

Welcher Moment des Tages ist Ihnen der angenehmste?
Sül far di, cur chi chatscha l’alba e barba Jachen cucca nan davo la pizza. Per chi nun es quai ün mumaint bod mistic? Ma eir cur chi va vers saira e cha tuots sun ün pa gnecs e’s retiran in lur stüva. Lura s’haja peida da star pachific e da per sai.

Was ist Ihr bezeichnendes Merkmal?
Sch’eu nu noud a la surfatscha, vegna jent a fuond.

Worin sind Sie am ungeschicktesten?
Quai sarà culla tecnica. Eir sch’eu n’ha üna relaziun tuot speciala cun mia maschina da cafè. E meis laptop e meis telefonin sun üna part da mai.

Wie entspannen Sie am besten?
In fond üna bella spassegiada cun inchün ch’eu n’ha jent, cun preferenza i’ls contuorns da Ftan. Eir bella musica am fa tuot tenor bain fin aintasom.

Glauben Sie an die Freundschaft?
Schi, sainza dubi.

Was ist ihr wertvollster Besitz?
Probabelmaing meis ögliers. Minchatant am vegna consciaint che cha quai less dir per mai da viver avant duatschient ons. No cun nos luxus! Inschinà n’haja ün jent noss purtrets dad artistas ed artists indigens, nossa bella maisa raduonda da lain culs peis da fier battü, meis cudeschs cun notizchas in crusch ed in travers, eir ils albums da fotografias. Nu riv da’m restrendscher.

Etwas, was Ihnen am Herzen liegt?
Dasper mias charas, meis chars, nos giat, la chognina da ma mima e tuot las persunas chi’m stan a cour, nossa lingua e nossas vals.

Wonach streben Sie?
Eu prouv da chattar di per di la pasch in mai svess, per pudair dar a meis conumans quai ch’eu riv e quai ch’els douvran.

Welches Buch müssen wir aktuell lesen?
«Sco scha nüglia nu füss» da Rut Plouda e «Die Wolfsfrau» da Clarissa Pinkola Estés.

 

Sco scha nüglia nu füss / Wie wenn nichts wäre
Rätoromanisch / Deutsch
112 Seiten, Gebunden
Chasa Editura Rumantscha
Fr. 30.00
ISBN 978-3-03845-046-7

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Die Wolfsfrau
Übersetzung Mascha Raben
624 Seiten, Kartoniert/Paperback
Heyne Taschenbuch
Fr. 25.90
ISBN 978-3-453-60607-4

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