Melitta Breznik
Melitta Breznik, Autorin und Psychiaterin, wurde in Österreich geboren und lebt seit 1994 in der Schweiz. Sie arbeitet als Leitende Ärztin an der Clinica Curativa am Spital Scuol, örtlich praktisch oberhalb der libraria poesia clozza. In ihren literarischen Werken setzt sie sich mit den Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs, Familiengeschichte, Gewalt und Psychiatrie auseinander. Mellitta Brezniks literarisches Werk wurde u.a. 2018 mit dem Bündner Literaturpreis und 2020 mit dem ProLitteris-Preis für Literatur ausgezeichnet. Aber nun zu meinen aktuellen Fragen:
Welche 3 Eigenschaften aus den eingangs erwähnten Tätigkeiten zeichnen sie aus?
Wenn ich nicht gerade dabei bin Menschen zu kurieren und ihnen dabei helfe wieder besser in ihrem Leben zu navigieren, dann schreibe ich oder vagabundiere in der Natur des Unterengadin umher.
Ihre liebste Tageszeit?
Der nicht ganz frühe Morgen, wenn ich masslos ausgeschlafen bin, und im Frühling die Sonne und das vielstimmige fröhliche Vogelgezwitscher durch das offene Fenster in eine Landschaft mit weissen Berggipfeln, frischgrünen Wiesenhängen unter blauem Hillel locken.
Eine Erfindung, auf die sie nicht verzichten möchten?
Das Velo in jeder Form, ohne Motor, lieber noch mit, Mountainbike oder Stadtvelo, angepasst an die Bedürfnisse, am liebsten frisch vom Service, geölt, poliert, mit neuen Bremsbelägen. Das Dahingleiten mit dem Fahrtwind im Gesicht eine Einladung zum Glücklichsein.
Hat die Pandemie uns die Endlichkeit des Lebens stärker bewusst gemacht?
Durchaus ist das Bewusstsein über die eigene Endlichkeit bei vielen Menschen stärker vorhanden. Es kann einen jeden Tag treffen, und plötzlich wird man intubiert, wird ins künstliche Koma versetzt und weiss nicht ob und wie man wieder aufwachen wird.
Welcher kulinarischen Versuchung können sie nicht widerstehen?
Marillenknödel, Zwetschkenknödel mit Quark und etwas Gries im Teig, gerollt üppigen Butterbröseln mit Zimt. Nur leider schaff ich nicht mehr als drei Stück.
Wenn sie den Wunsch frei hätten, jemanden zu treffen: wer wäre es und warum?
Es gibt niemanden der mich speziell interessiert, weil mich alle interessieren. Sicherlich eine Berufskrankheit, sich für das aktuelle Gegenüber zu begeistern, und herausfinden zu wollen, wie jemand die Welt begreift.
Haben sie eine Lieblingsblume?
Am liebsten viele, viele und am liebsten wundervoll bunt in einer Juniwiese oberhalb von Sent.
Was macht das Unterengadin einzigartig?
Juniwiesen, Arvenwälder, Frauenschuh und Feuerlilien, Geruch nach Nadelwald bereits am Bahnhof, die alte Trinkhalle in ihrer Modrigkeit, die ehrwürdigen verlassenen Hotels, das Türkis des Inn, die Möglichkeit sich nach der Arbeit in der nahen Natur zu verlieren, sich an einen Bergbach zu setzen und dessen Gemurmel zuzuhören.
Wenn sie eine Sache auf der Welt verändern könnten: was wäre es?
Frieden schaffen auf allen Erdteilen!
Welches Buch sollten wir aktuell unbedingt lesen?
Die Wand von Marlen Haushofer. Es zeigt wie man mit wenig in der Natur überleben, der Einsamkeit trotzen kann und wie man mit einer bedrohlichen Katastrophe umgeht, ohne den Verstand oder den Lebenssinn zu verlieren.