Jürg Wirth

Was bei meinem Interviewpartner im Osternest nicht fehlen darf, werden Sie gleich erfahren. Viele von Ihnen kennen Jürg Wirth wohl in einer seiner vielen Tätigkeiten, doch lassen wir ihn sich selbst kurz vorstellen: «Aufgewachsen bin ich in Würenlos im Kanton Aargau. Nach der obligatorischen Schulzeit genoss ich eine solide Ausbildung zum Maschinenzeichner bei der BBC. Inzwischen gibts beides nicht mehr. Trotzdem hat mir die Lehre wichtige Einblicke in die Industriewelt beschert. Nach der Lehre studierte ich Maschineningenieur. Schon während des Studiums hat sich aber gezeigt, dass mein Talent eher im Schreiben als im Rechnen liegt. Nichtsdestotrotz habe ich das Studium mit Diplom abgeschlossen und später noch eines in Wirtschaft drangehängt. Ich war in Zürich neun Jahre lang als Journalist tätig bevor mich der Zivildienst nach Lavin auf den Bauernhof verschlagen hat, den ich heute besitze. Meine Frau Rebekka ist glücklicherweise nach Lavin mitgekommen. Gemeinsam haben wir zwei Kinder, betreiben mit anderen das Cinema und Bistro Staziun. Nebst dem Bauern schreibe ich das ALLEGRA und bin seit neuestem Schulratspräsident der Gemeinde Zernez, wo wir aktuell noch Oberstufenlehr­personen suchen.»
Sie sehen, über dieses Porträt finden Sie eventuell auch einen neuen Job im Unterengadin. Doch nun subito zu meinen zehn Fragen an Jürg Wirth:
 
Welche drei Tätigkeiten zeichnen Sie aus?
Handeln: Ich bin keiner, der lange abwartet, lieber handle ich rasch, dazu muss ich vorher auch nicht immer nachdenken.
Trinken: Ich trinke gerne mal ein, zwei Gläser Wein oder auch drei… Dabei denk ich dann an Harald Juhnkes Definition von Glück: «Keine Termine und leicht einen sitzen.»
Vagabundieren: Da ich mich nirgends richtig zu Hause fühle, respektive mich schnell an neuen Orten einlebe, könnte ich ausgezeichnet vagabundieren. Geht nur leider nicht, weil ich jeden Tag zweimal Melken muss.
 
Vor oder hinter dem Mikrophon?
Führe ich selber Interviews, schreibe ich immer auf, brauche als kein Mikrophon. Ab und an rede ich fürs Radio oder TV ins Mikrophon, was mir durchaus gefällt.
 
Welches ist Ihr liebstes Tier im Stall? Welches draussen?
Im Stall die Kuh Yalla, sie ist eine sogenannte «Erstmelk», gibt schon schön Milch, wirkt ab und an noch etwas durch den Wind, hat aber Potenzial.
Draussen die Goldammer, ihr kanariengelbes Leuchten steht für mich für Frühling, Süden und Ferien.
 
Was macht Sie wütend?
Das kommt auf die Tagesform an. Wind, der mir die Zeitungsseiten umblättert, schlechter Radioempfang (gibt’s mit Digitalradio allerdings kaum mehr), Ignoranz und Arroganz oder Leute, die irgendwelches Geschwätz für bare Münze nehmen.
 
Sie bekommen Zeit geschenkt: was machen Sie damit?
Mich langweilen.
 
Welche Fähigkeiten hätten Sie gerne?
Ab und zu wünsche ich mir, dass ich mich nur auf eine Tätigkeit fokussieren könnte. Doch das geht dann auch wieder vorüber.
 
Wofür stehen Sie mitten in der Nacht auf?
Das versuche ich tunlichst zu vermeiden. Sogar Toilettengänge zögere ich, wenn möglich bis zum Morgen hinaus.
 
Wenn Sie ein Lebensmittel wären, welches wären Sie?
Ich glaube eine Artischocke. Die braucht zu Beginn Pflege und Zuwendung, übersteht dann aber auch Frost und Sturm. Sieht von aussen nicht schlecht aus und hat ein gutes Herz.
 
Was darf im Osternest auf keinen Fall fehlen?
Natürlich ein Schoggiosterhase – am liebsten vom Sprüngli.

Welchen Film müssen wir aktuell sehen?
Zwar haben wir für die Auswahl nur die Trailers angeschaut, aber «Pamfir» und «Sonne und Beton» würd ich unbedingt empfehlen. «Pamfir» spielt in der Ukraine und handelt von einem guten Vater, der eigentlich Schmuggler ist, das aber nicht mehr will, dann aber trotzdem nochmal machen muss. Der Film verspricht durchaus turbulent aber auch rührend zu werden. «Sonne und Beton» handelt von vier Jungs, die in Berlin in der Gropius-Stadt aufwachsen, den langen Sommer durchbringen müssen, sich als Kleinkriminelle versuchen, was aber nicht so richtig klappt und überhaupt. Coming of age ohne Romantik.